Furka & Stelvio (7.-10. Juli 2022)

(von Karsten K und Amadeo F) es begab sich dass zwei Triathleten spät im Jahr noch größere Rennen geplant hatten. Somit war klar, dass im Sommer anständig trainiert werden musste damit das was werden kann. Die heimischen Gefilde waren im Winter, im Frühjahr und auch im Frühsommer bereits ausgiebig beackert worden, keine Kurve mehr unbekannt, kein Hügel nicht bezwungen. Also mussten neue Reize her ...

Ein Plan war bald gefasst, es ging gen Süden. Damit die Anreise nicht zu lang gerät machten wir Etappen draus: Erster Stop Schwarzwald, zweiter Schweiz, dritter Lombardei, vierter Südtirol. Vier Tage, vier Radrunden die sich sehen lassen konnten:

KArte

Der Schwarzwald ist sicher ein Stück weniger spektakulär als die Hochalpen, Höhenmeter gibt es trotzdem reichlich, konkret an diesem Tage 2300. Wir fuhren das Simonswälder Tal hinauf, bogen an die wilde Gutach ab, um dann auf der Hochebene nach Neustadt und zum Titisee zu rollen. Auf und ab über Hinterzarten und St.Märgen/St.Peter ging es weiter, schliesslich stellte sich noch der Kandel in den Weg, der war hier gegen Ende der 113km-Tour schon ein rechter Brocken. Der Fahrer des Linienbusses grüßte uns anerkennend auf dem Gipfel, den Respekt der Einheimischen hatten wir uns also schonmal verdient. Ein schöner Auftakt! Und das steilste Stück der gesamten vier Tage lag mit 23% auch im Schwarzwald.

Schw

Kurz noch im Waldkircher Freibad vorbeigeschaut zwecks kurzem Schwimmen und langem Duschen, und weiter gings in die Schweiz. Göschenen war unser Standort für zwei Nächte. Die zweite Röhre des Gotthardtunnels wird gerade gebaut, und die Arbeiter müssen verköstigt werden. Laut unserem Vermieter ist die Kantine für jedermann geöffnet und das Dreigangmenu für 19 Franken unschlagbar in der ganzen Schweiz. Genau unser Ding, diese Bauarbeiterportionen! Und lecker obendrein, das ganze Küchenteam Italiener, Insalata mista, ein Berg Spaghetti Aglio-Olio und als secondo Putenrollbraten (Tacchino) mit Röstkartoffeln und Gemüse - Halleluja! Die Nährstoffversorgung für die Dreipässetour Susten - Grimsel - Furka am Folgetag war also gesichert. 

Hier kurbeln wir bereits entspannt den ersten Anstieg des Tages empor, das Aus-dem-Sattel-gehen natürlich nicht den Steigungsprozenten geschuldet sondern nur ein auflockernder Rhythmuswechsel :-)

Susten1

Auf der Passhöhe liegen 1300 Höhenmeter hinter uns ...

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... welche wir gleich wieder vernichten durften auf der Abfahrt nach Innertkirchen, von wo es den Grimselpass hinauf ging. Aber erstmal Mittagspause, das Tagesmenu mit Suppe gefolgt von Kartoffeln, Spinat und Backfisch war lecker, allerdings war der Fisch im anschliessenden Anstieg doch etwas überfordert, vermutlich war er die Höhenluft nicht gewohnt, es zwickte jedenfalls vernehmlich, was die Auffahrt auf den Grimsel nicht einfacher machte. Kurz vor oben gabs ein paar Stauseen zu umkurven, allerdings vom Charakter her weniger Südsee als Industrie/Stromerzeugung:

GrimselSee

Ganz oben dann ein fantastisches Panorama, hinunter ins Tal mit dem seit 165 Jahren erstmalig für die 2022er Saison wegen Generalsanierung komplett geschlossenen Hotel Glacier du Rhone und hinüber zur Furka mit dem seit 2016 geschlossenen Hotel Belvedere ("Goldfinger") in der vorletzten Haarnadel:

Grimsel

Was komplett verschwunden ist, ist die Gletscherzunge des Rhonegletschers. Sie reichte noch vor gut 100 Jahren bis hinunter ins Tal. Jetzt ist da nur noch nackter Fels bis weit hinauf über die Baumgrenze. 

Dieses Panorama durften wir nun allerdings nicht nur bewundern sondern 'mussten' es auch abradeln - erst hinab und auf der anderen Seite wieder hinauf. Dort gab es den selben Blick in 'noch besser' und genau entgegengesetzt zurück zum Grimsel, als Bonus das Finsteraarhorn und weitere 4000er der Berner Alpen als backdrop:

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Da hat sich mal jede Kurbelumdrehung sowas von gelohnt!

Die lange Abfahrt zurück nach Göschenen zog sich etwas, und gut dass wir zwei Übernachtungen am gleichen Ort geplant hatten, denn nach den 3500 HM auf 120km war uns nicht mehr unbedingt nach einer weiteren Autofahrt oder sonstigen Aktivitäten zumute.

Also am nächsten Morgen entspannt auf die Autobahn und an den Iseosee zwischen Bergamo und Brescia. Einmal rum um den See sind 60km flach, genau das richtige für Tag 3. Die Uferstrasse herrlich italienisch:

Iseo1

ISeo2

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Im Anschluss noch ein Bad im See, bevor es auch schon weiterging im Auto nach Mals am Fuße des Stilfserjochs.

Das Hotel Hirschen bot ein spektakuläres Frühstücksbuffet (um die Ecke hinten gings noch weiter) ...

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... so dass wir mit etwas Verzögerung auf die Räder stiegen, um dem Buffet auch die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Der Anstieg zum Stelvio ist dann ziemlich gleichmässig, wenn man einmal seinen Rhythmus gefunden hat kann man die 48 Spitzkehren ganz gut hochkurbeln.

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Der Blick von oben belohnt für die Anstrengungen, die bei ca 10 Grad und Bewölkung diesmal deutlich weniger schweisstreibend waren als noch in der Schweiz.

Stelvio

Die Passhöhe auf 2760m ist die zweithöchste asphaltierte Passstrasse in Europa, nur der Col de l'Iseran in Frankreich ist noch ca. 10 Meter höher. (Im Kaukasus gibts wohl auch noch was über 2800)

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Ein Radrennen von der Südseite auf den Stelvio ( restelvio.mapei.com/it/ ) sorgte für eine Strassensperrung in Richtung Bormio, als Radfahrer konnten wir aber passieren und die Abfahrt über den Umbrail und durchs Val Müstair geniessen. Zurück in Mals zur Körperpflege ins örtliche Hallenbad, toller Blick inklusive und vom Bademeister, selbst mehrfacher Langdistanzfinisher, eine Einladung zum nächsten Trainingslager:

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So nahmen wir sauber und erfrischt und voller grandioser Eindrücke den Heimweg unter die Autoräder, nächste Woche heisst es dann erstmal Füsse hoch :-)

PS - Die Fotos wo wir beide auf den Rädern zu sehen sind enstanden per 360°-Kamera (GoPro Maxx). Diese hat zwei Objektive, eines zu jeder Seite. Da jedes Objektiv mit 190° Bildwinkel aufnimmt gibt es eine Überlappung, in dieser verschwindet der Selfie-Stick an dem die Kamera ca 80cm entfernt gehalten wird und die Bilder sehen aus als wären sie von einem Dritten ("3rd person point of view") bzw. einer Drohne aufgenommen. Manchmal hat das nicht hundertprozent geklappt und man sieht den unteren Teil des Sticks, das lag dann daran dass die Kamera nicht genau mit dem Stick ausgerichtet war, was passieren kann wenn man das Ding während der Fahrt aus der Trikotasche fummelt.

PS2 - www.nzz.ch/gesellschaft/das-hotel-belvedere-auf-dem-furkapass-ist-das-beruehmteste-passhotel-der-welt-trotzdem-droht-es-fuer-immer-geschlossen-zu-bleiben-was-ist-schiefgelaufen-ld.1693642 

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