Ironman European Championship, Frankfurt (Juli 2010)

(von Karsten K)

Nach meinem ersten Ironman 2005 hatte ich die Nase erstmal voll von Langdistanz: Stundenlanges Radeln und Laufen im Grundlagenausdauerbereich, also gefühltes Durchschnittstempo, schien mir nicht das alleinig glücklich machende zu sein, was ich von nun an jedes oder auch alle zwei Jahre bräuchte. Meiner Familie auch nicht. Es war eine tolle Erfahrung, eine Triathlon-Langstrecke mit 226 Kilometern geschafft zu haben, aber auf kürzeren Strecken macht man schließlich auch Triathlon, hat dazu aber noch den Spaßfaktor höherer Geschwindigkeit, und zwar in Training und Wettkampf. Ich war und bin stolz auf mein Finish auf dem Römer nach 12h und 38min am 10.7.2005, insbesondere war mein erster Triathlon überhaupt auch erst im Spätsommer 2003 gewesen, eine Sprintdistanz in Maibach („Mutter aller Kurzdistanzen“), so dass die Herausforderung Langdistanz insgesamt sehr groß war für 2005 und ich zugegebenermaßen nicht wirklich viel wusste über das, was ich da tun wollte, damals. War möglicherweise auch besser so. Meine Frau dachte ähnlich und meinte, ich würde mich maßlos überschätzen. Was natürlich allerbeste Motivation war, es nun erst recht zu schaffen. Doch das ist Geschichte.

Seit 2005 war ich also auf kürzeren Strecken unterwegs, im Wesentlichen Sprint und Olympisch. Aus meinen recht akribischen Trainings- und Wettkampfaufzeichnungen konnte ich im Laufe der Jahre auf diesen Strecken eine deutliche Leistungssteigerung ablesen, sowohl Gesamt als auch in jeder der drei Einzeldisziplinen. Und bei den Wechselzeiten! Zudem wurden auch die Leistungen der Sportsfreunde vom Fun-Ball beim IM über die Jahre immer besser, so dass meine 12,5h aus 2005 nicht mehr „einer von wenigen, die es gewagt und geschafft hatten“ waren, sondern eher als „hatte irgendwann auch mal mitgemacht“ dastanden. Und – von den ca. 20 Startern von uns über die Jahre sind immer alle ins Ziel gekommen bis zum offiziellen Zielschluss! In den einzelnen Disziplinen waren die Kollegen dabei in der Spitze beim Schwimmen bereits deutlich unter eine Stunde gekommen, beim Radfahren wurde ein Spitzenschnitt von um die 35 km/h gemessen, beim Laufen die 4h-Marke angekratzt. Da ich bei den sonstigen Wettkämpfen nicht unbedingt nur hinterher hechelte, sollte doch da auch bei mir auch auf LD „mehr“ drin sein als das, was ich von 2005 zu Buche stehen hatte. Beim Zuschauen an der Strecke hatte ich in den ersten Jahren nach 2005 zunächst keinerlei Kribbeln verspürt im Sinne von „da muss ich wieder mitmachen“. Dies war dann 2008 und insbesondere 2009 aber wieder da.. Auch im Training hatte sich in der Zwischenzeit die ein oder andere systematische Verbesserung ergeben:

- Ab 2007 fuhr ich öfter mal abends mit dem Rad, welches ich in der S-Bahn morgens mitgenommen hatte, aus dem Büro in Frankfurt nach Hause, an der Nidda entlang ca. 20km. Die Strecke als gelegentliche „Vollgas“-Einheit konnte ich dabei über die Jahre immer schneller zurücklegen.

- Ab Winter 2008/09 bin ich den Heimweg auch regelmäßig gelaufen. Das GA1-Tempo stieg ab diesem Zeitpunkt von deutlich über 6min auf knapp über 5min (Frühjahr 2010).

- Insgesamt machten sich auch die „Lebenskilometer“ bemerkbar, also einfach die über die Jahre gesammelten Kilometer aus Training und Wettkampf, aus denen sich einfach im Laufe der Zeit Leistungsverbesserungen ergeben, auch ohne dass ich irgendwelche großen Veränderungen bei Trainingsinhalten oder -umfängen vorgenommen hätte.

- Über die Hälfte meiner Wochenstunden konnte ich im ganz normalen Tagesablauf unterbringen, ohne von der Familie dafür extra Freiräume beanspruchen zu müssen: Arbeitsweg zum Radfahren oder Laufen nutzen, Schwimmen oder Laufen in der Mittagspause, Schwimmtraining Montags abends ab 21:15 (Familie bereits im Bett), Radfahren sonntags morgens ab Sonnenaufgang (Familie noch im Bett)

Also war die Entscheidung über die Jahre gereift, es mal wieder auf der Langdistanz zu versuchen. Eine starke Motivation dabei ist auf jeden Fall, dass der Frankfurt Ironman bei uns vor der Haustür stattfindet, die Radstrecke führt in der Tat in weniger als 100m Entfernung an unserem Haus vorbei. Ein Start auf einer anderen LD mit mehrtägiger Anreise etc. kommt für mich dabei nicht wirklich in Frage. Und da der angestammte Termin „Erster Juli-Sonntag“ für 2010 gerade noch außerhalb der hessischen Sommerferien liegen sollte (im Gegensatz zu 2011), war die Entscheidung schon fast gefallen. Den Familiensommerurlaub neben den Abhängigkeiten bei mir im Büro und dito bei meiner Frau auch noch um meine Sporttermine herum organisieren zu müssen, hätte die ganze Sache noch zusätzlich erschwert. Also klickte ich mich im Sommer 2009 mit schweißnassen Fingern zur Anmeldung durch und nach 2-3 Stunden zittern, unzähligen Page-Reloads und warten auf die total überlasteten Server hatte ich es dann geschafft und war dabei! Zumindest auf der Startliste. Und konnte meine sportliche Vorbereitung in Angriff nehmen.

Zu allererst musste eine saubere OFF-Season her: Nach dem traditionellen Saisonabschluss-Sprint in Nidderau-Windecken Anfang September 2009 war komplette Pause angesagt bzgl. Laufen, lediglich der FKK-Man (Feldberg Kletter König, unser vereinsinternes Zeitfahren auf den Feldberg im Taunus) am letzten Septembersonntag stand noch an, ab da auch radmäßig Pause, nicht komplett, aber doch sehr sehr wenig, vielleicht 3-4 Stunden die Woche und die auch komplett easy und just for fun.

In der letzten Oktoberwoche 2009 dann der offizielle Einstieg in die Vorbereitung laut Plan mit einem 30-minütigen Lauf über geschätzte 5 km und im Folgenden 2-3 Läufen die Woche. Bis Mitte Dezember konnte ich schließlich schon eine ganz ordentliche Laufform aufbauen, bis 20km im 5:30er Schnitt mit GA1-Belastung. Dazu regelmäßiges Schwimmen zweimal wöchentlich, Radfahren allerdings weiterhin nur nebenbei. Ende Dezember dann traditionell Weihnachtspause mit Familienskiurlaub. Hier war mir das Dehnen der Beinmuskulatur sehr wichtig, beim Skifahren hatte ich mir schon manches Mal irgendwelche Sehnenansätze im Knie überreizt, die mich dann später im Jahr bei steigendem Trainingsumfang zu Arztbesuchen und Pausen zwangen.

Ab Januar 2010 ging das Training dann ernsthaft los:

- 2-3 mal Schwimmen pro Woche (Montags und Sonntags beim Fun-Ball, nach Möglichkeit einmal in der Woche in der Mittagspause im Stadtbad Mitte in Frankfurt),

- 2x Lauf (Dienstags abends LANG aus dem Büro nach Hause, dazu Samstags KURZ)

- 1-2x Rad (Sonntags morgens „Rise&Shine“ sowie ggf. einmal aus dem Büro nach Hause bzw. sogar hin und zurück). Ab und zu Rennrad auf der „Rolle“ im Keller.

- Montags bis Freitags täglich morgens ca. 15 min Übungen für die Rumpfstabilität und allgemeine Beweglichkeit.

Von Anfang Januar bis Ende März kamen so 60km im Wasser, 1000 auf dem Rad und 350 in den Laufschuhen zusammen. Eine ordentliche Basis für das weitere Training, aber auch nicht mehr. Auch wenn der Winter lang war, kam selbst bei nur leicht in den einstelligen Plusbereich gestiegenen Temperaturen dann insbesondere auf dem Rad deutlich was dazu:

- Block1: 750km Rad in den zwei Wochen um Ostern.

- Block2: 360km Rad am langen Wochenende 4 Wochen vor dem 4.7.2010.

- Gesamt: April/Mai/Juni 900/750/680 km Rad, Schnitt 25/27/27,5 km/h

Für eine handvoll der langen Touren war Start dabei schon vor Sonnenaufgang, nämlich um 4:30 oder 5:00, damit die Rückkehr familienkompatibel noch gerade so zum Frühstück klappte, also gegen 9:30. Insgesamt war gerade bei den langen Radtouren die Lage familienseitig aber deutlich entspannter als noch 2005, die Kinder sind 2010 natürlich schon viel selbständiger mit ihren nun 7 und 10 Jahren und meine Frau Sabina hat mit ihrem geliebten Pferd Gymir (Isländer sagt sie, meiner Meinung nach eindeutig türkischer Abstammung) nun ebenfalls ein Hobby, welches mehrstündige Auszeiten von der Familie erfordert, so dass auch hier mehr Verständnis für mein Treiben vorhanden ist. Und die beiden oben genannten Radblöcke lagen in Zeiten, als die Kinder bei den Großeltern bzw. im Jugendcamp vom Sportverein waren.

Laufen:

- Zwischen November und Mai immer zwischen 100 und 125km pro Monat.

- Pro Woche meist ein längerer Lauf (18-30km) und ein kürzerer (8-15km)

- Längste Läufe bis 2,5h / ca. 28-32km, davon 6 Stück von Mitte März bis Anfang Juni ca. alle 2 Wochen.

Dieses ganze Training ist jedoch nach meiner Überzeugung nur dann sinnvoll, wenn dem Körper entsprechende Ruhezeiten zur Regeneration gegeben werden, um die Trainingsreize in höhere Leistungsfähigkeit umzusetzen und gleichzeitig Überlastungen vorzubeugen. Das lag mir besonders am Herzen während dieses Trainingsprogramms. Und da ich insgesamt keine (=0 Tage) Ausfallzeiten hatte wegen Krankheit oder Verletzung, denke ich, dass es so falsch nicht gewesen sein kann, was ich hier gemacht habe. Allgemein wird der Belastungs-/Entlastungsrhythmus in den Trainingsempfehlungen oft mit 3 Wochen Belastung, gefolgt von einer Woche Entlastung angegeben. Dabei sollten die Belastungen idealtypisch in den drei Wochen leicht ansteigen, also z.B. 7, 9 und 11 Stunden pro Woche, die 4. Woche dann deutlich reduziert mit z.B. 4 oder 5 Stunden und in jedem Fall niedriger Intensität. Ich fühlte mich mit diesem Rhythmus in der 3. Woche oft schon ziemlich platt und sehnte die Regenerationswoche herbei, ging bisweilen nicht mit Spaß zum Training sondern „musste“ trainieren. Demzufolge habe ich auf 2+1 als Wochenrhythmus gewechselt mit dem Ergebnis, dass ich mich insgesamt frischer und motivierter fühlte und mit mehr Freude Sport machen konnte. In Phasen besonders hoher Belastung und Umfänge habe ich dann sogar auf „9+5“ gewechselt, also 9 Tage Belastung, gefolgt von 5 Tagen Entlastung (im Prinzip 2 Wochenenden mit der dazwischen liegenden Woche Belastung, dann MO-FR Entlastung). Die Wochenstundenzahlen 7/9/11 und 5 sind dabei sehr realistisch für mich, mein Wochenstundenschnitt lag insgesamt bei 8h55min von Nov 2009 bis zum 4.7.2010. Die Wochen mit dem höchsten Volumen waren die beiden Radblöcke mit 18 bzw. 16 Stunden, beide gefolgt von Wochen mit jeweils 6,5 Stunden in meist regenerativer Intensität. Im Winter lag der Wochenschnitt eher so bei 5-7 Stunden, in der heißen Phase April-Juni dann bei ca. 10-12.

Neben dem Training habe ich mich auch um weitere Rahmenbedingungen gekümmert:

- Ein neues Rad musste her: Mein Rennrad mit Aeroaufsatz und Dreifach-Kettenblatt war im Herbst 2004 die richtige Wahl, 5 Jahre später fühlte ich mich jedoch bereit für ein Triathlonrad mit steilerem Sitzwinkel und Bar-End-Shifters. Da ich mich ganz gut kenne und weiß, dass ich mit meinem Material nicht immer 100% sorgfältig umgehe, fiel die Wahl auf einen Alurahmen, Carbon wäre mir zu empfindlich gewesen. Und etwas günstiger ist Alu ja auch. Einen Teil des gesparten Geldes habe ich dann lieber in die richtige Sitzposition investiert und habe mich radbiometrisch vermessen lassen:

- Bei der Radbiometrieanalyse bekam ich Kraftmesssohlen in die Radschuhe gelegt, wobei der Druck, den man auf die Schuhsohle beim Treten ausübt, genau erfasst wird. Zusammen mit weiteren Messungen können die Experten dann z.B. die Sitzposition und den Tritt verbessern. „Von 50 Leuten, die zu mir kommen, sitzen 1 oder 2 richtig auf dem Rad. Sie sind auch einer davon“ erfuhr ich. Die Kohle war dennoch nicht zum Fenster rausgeworfen, denn auch diese Erkenntnis ist was wert. (Bei jemandem, der im Gegensatz zu mir richtig Rad fahren kann und genauso auf dem Bock sitzt, wäre sicherlich im Detail einiges zu verbessern gewesen.) Meine Sitzposition war also ok, aber mein Tritt durchaus verbesserungsbedürftig: Kippen in die Ferse, 20 Watt Unterschied zwischen links und rechts, Hin- und Her-Wackeln mit dem Becken … Mit einigen Hausaufgaben wie Dehnen des Hüftbeugers und des Lendenwirbelbereichs ging ich schließlich nach Hause. Hab ich auch alles fleißig gemacht und in meine 15-min-morning-sessions eingebaut.

- Aneignung einer halbwegs dynamischen Lauftechnik: anstatt wie bisher mit der Ferse aufzusetzen bei einer Schrittfrequenz von ca. 130 Schritten pro Minute, bemühe ich mich nun um 180 Schritte pro Minute und Aufsatz mit dem Mittelfuß. Dazu aufrechte Oberkörperhaltung und Armschwung hinten hoch bis Ellenbogen fast auf Schulterhöhe. Klappt gut auf dem ersten Testlauf über 5km im Februar. Die 20km 2 Tage später sind auch ok, allerdings tun mir danach tagelang die Waden tierisch weh. Jetzt lese ich auch, dass diese Umstellung wegen der deutlich anderen Belastung insgesamt bis zu einem Jahr dauern kann. So viel Zeit habe ich nicht, behalte mein aktives Regenerationsprogramm incl. Dehnen der Waden konsequent bei und hoffe, mir keine Überlastungssache zu holen. Ich wechsele auch die Laufschuhe, weg von Dämpfungsmonstern wie den Kayanos zu flacheren, direkteren wie Asics Speedstar.

- Schließlich ging es noch zur Leistungsdiagnostik. Das hatte ich 2005 auch gemacht, damals auf dem Laufband, jetzt wollte ich aufs Radergometer. In 20 Watt-Schritten alle drei Minuten ging es von 100 Watt an hoch. 100 Watt merkt man kaum, 120 auch nicht, aber irgendwie ist es dann doch plötzlich anstrengend und ohne Fahrtwind läuft der Schweiß stark. Alle 3 Minuten Blutabnahme am Ohrläppchen und weiter mit meiner Wohlfühltrittfrequenz von 100 pro Minute. Bei 340 Watt habe ich die 3 Minuten noch geschafft, bei 360 dann nur noch 1 Minute, wobei die Trittfrequenz bei den letzten beiden Stufen dann auch deutlich abfiel … Wesentliche Ergebnisse der gesamten Aktion waren: Ich bin sportgesund, keine Auffälligkeiten beim Belastungs-EKG, GA1-Bereich bis Puls 126 bzw. 180 Watt bzw. 1,68 mmol Laktat, die anaerobe Schwelle bei 3,18 mmol Laktat bzw. Puls 155 bzw. 260 Watt, Körperfettanteil 7,1% (bei 192cm und 84kg), Ruhepuls 42.

Für mein Verständnis vom Triathlon waren nun fast alle Felder hinreichend bestellt, bzw. so gut ich das in meinen Alltag eben integrieren kann und ohne andere Bereiche zu vernachlässigen. Der einzige Testwettkampf am Pfingstsonntag Ende Mai, ein Crosstria mit 1000m Schwimmen im 50m-Becken mit Neo bei 17 Grad Wassertemperatur, 28km Mountainbike und 8,8km Lauf verlief gut, mein Ziel das ganze unter 2 Stunden zu absolvieren konnte ich mit 2:01 zwar nicht ganz erreichen (da war natürlich nur der sehr feuchte Untergrund beim Radfahren schuld …), aber zufrieden war ich insbesondere mit der Laufleistung, ein Schnitt von 4:05 min/km. Und – ich konnte meine Serie fortsetzen, war ich doch in den drei Jahren zuvor hier 4., 3. und 2. geworden … :-)

Weitere Vorbereitungswettkämpfe gab es nicht, auch wenn einige Vereinskollegen aus der Abteilung „Vielstarter“ meinten, die Kraichgau-Challenge wäre doch quasi Pflichtprogramm 1 Monat vor Frankfurt. Ich kenne aber meine eher langsame Regeneration und wollte an dem langen Wochenende 4 Wochen vor dem 4.7. lieber noch mal auf dem Rad einige Kilometer sammeln. Die Halbdistanz mit dem abschließenden Halbmarathon in der Hitze des „Kraichgau Energy Lab“ hätte mir sicherlich den Stecker erstmal gezogen für 10-14 Tage, und dann ginge es ja schon direkt ins Tapering für Frankfurt. Und nur zum Joggen lohnt es sich auch nicht, im Kraichgau extra am Vortag anzureisen.

Das Runterfahren des Trainings habe ich dann sogar bereits drei Wochen vor dem 4.7. begonnen:

- Woche 3: Lauf nur noch bis 1h,

- Woche 2: letzte längere Radausfahrt (4h) 14 Tage vor D-Day, Lauf nur noch bis 45min und nicht schneller als geplantes Wettkampftempo (5:20)

- Woche 1: Kurze lockere Einheiten, teils mit ein paar “Antritten” in LD-Wettkampbelastung im Bereich von wenigen Minuten Dauer gewürzt. Gesamt 4h.

Jetzt aber endlich: “Ready to Rumble”! Nein, tut mir leid, da fehlt noch was: Denn ohne die richtige Ernährung würde ich nicht weit kommen. Und dieses Thema lag mir wirklich am Herzen, sowohl bezüglich der allgemeinen Basisernährung, als auch für Training und dann auch speziell für den Wettkampf. OK, aber wo ist das Problem, wird mancher sagen, im Wettkampf nimmt man halt die Gels, Riegel und Isogetränke, die an den Verpflegungsstellen angeboten werden und ggf. probiert man Produkte derselben Marke auch vorher im Training schon mal aus, und das war es dann zum Thema. Im Alltag kann man mit dem ganzen Training eh essen, was man will, wird so oder so alles verbrannt. Also, what’s the problem?

Ich habe das Thema Ernährung jedenfalls wesentlich umfassender betrachtet, und das kam so: Ich hatte schon erwähnt, dass mir die Regenerationsphasen sehr wichtig sind. Denn schließlich werden genau dann die Trainingsreize vom Körper verarbeitet und in eine höhere Leistungsfähigkeit umgesetzt. Diesen Prozess kann man mit der richtigen Ernährung unterstützen, indem man die Nahrungsbausteine zur Verfügung stellt, die dazu gebraucht werden und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gebraucht werden:

- Der Körper braucht in erster Linie Eiweiß, um die Muskelstrukturen aufzubauen und den erhöhten Belastungsanforderungen anzupassen.

- Die Zeit unmittelbar nach der Belastung (ca. 20 Minuten) sind besonders geeignet, um dem Körper Nährstoffe zuzuführen, da die Tore zu diesem Zeitpunkt noch sperrangelweit offen stehen. Die Speicher (Kohlenhydrate(=KH), Eiweiß und vieles mehr) wieder aufzufüllen unterstützt die Regeneration maßgeblich.

- Die für den Körper am einfachsten verfügbare Energiequelle sind die KH, von denen aber nur ein Vorrat für ca. 90-120 Minuten gespeichert werden kann. Die Vorräte für die Fettverbrennung reichen viel länger, allerdings kann auf diesem Wege lange nicht so viel Energie pro Zeiteinheit bereitgestellt werden wie aus den KH.

Auf dieser Basis habe ich für mich mit reichlich Internet- und Literaturrecherche folgendes Konzept erarbeitet:

(1) KH-arme Alltagsernährung
In meiner täglichen Ernährung verzichte ich weitgehend auf Kohlenhydrate, das heißt: Kein bzw. kaum Brot, Brötchen, Müsli, Kuchen, Nudeln, Reis, Pizza, Süßigkeiten, Limonaden, Alkohol etc..
Vielmehr gibt’s stattdessen: Milchprodukte (insbesondere Quark, Joghurt), Nüsse, Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Salat, Pilze, Eier, Olivenöl, Leinsamen, Weizenkeime ...
Effekt: Der Körper gewöhnt sich daran, viel weniger Kohlenhydrate zur Verfügung zu haben als üblich und muss seinen Energiebedarf aus anderen Quellen decken. 
(Ja, auch Obst und Gemüse etc. enthält Kohlenhydrate, aber eben lange nicht so große Mengen wie ein Teller voller Nudeln oder irgendwelche Weißmehlprodukte. Das ein oder andere Glas Wein oder Bier hab ich auch getrunken, genauso wie Geburtstagskuchen gegessen. Und Weihnachtskekse. Und beim gemeinsamen sonntäglichen Familienmittagessen habe ich nicht auf einer Extrawurst bestanden, wenn es z.B. mal Spaghetti Carbonara gab. Aber die Grundrichtung war halt eine andere. Irgendwann schmecken dann sogar Möhren und Paprika richtig süß und Nutella ist ungenießbar.) Das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen, hatte ich übrigens so gut wie nie, sonst hätte ich das wohl auch nicht durchgezogen.

(2) Lange Trainingseinheiten ohne KH-Zufuhr
- Frühmorgendliche lange Radausfahrt (3-6h) im Grundlagenbereich ohne Frühstück und ohne Kohlenhydrate auf dem Rad zu mir zu nehmen, in den Trinkflaschen nur Wasser mit etwas Salz und Eiweiß. Im März schaffte ich auf diese Art und Weise ca. 3,5h bevor mir schwummrig wurde, im Juni waren 5,5h kein Problem mehr.
- Abendlicher langer Lauf (2,5h), dazu wird Wasser gereicht.
- Durch die KH-arme Basisernährung waren jeweils auch bei Start nur wenige KHs im Körper.
Effekt: Der Körper merkt, dass es auch bei Belastung keine KHs gibt und holt sich die Energie verstärkt aus den Fettspeichern. Zu einem kleineren Anteil wird auch Eiweiß in Glucose umgewandelt.

(3) Nahrungsaufnahme unmittelbar nach Trainingsende
- Nach manchen intensiven Trainingseinheiten, die deutlich schneller waren als Grundlagenausdauer, habe ich doch tatsächlich die Regeneration höher bewertet als den KH-Verzichtseffekt und habe Traubensaft, Trockenobst, Kuchen oder Kekse gegessen bzw. getrunken. In jedem Fall dabei: Eiweiß, meist in Pulverform. Wichtig: Sofort nach Trainingsende Trinken und Essen, die Aufnahme ist dann um ein Vielfaches besser, nach ca. einer halben Stunde lässt der Effekt bereits deutlich nach.

Die letzten 7 Tage vor dem Wettkampf waren vom Trainingsumfang ja wie bereits erwähnt sehr übersichtlich, in Bezug auf die Ernährung jedoch eine sehr wichtige Phase und sahen konkret wie folgt aus:

- 7 Tage vor Wettkampf: Glykogenspeicher leeren durch mittellange und mittelintensive Einheit, z.B. 2,5h Rad flach 28er Schnitt

- 7-4 Tage vor W.: keine Kohlenhydrate (KH), Fett/Eiweißbetone Kost (Saltin-Diät)

- 3 Tage vor W. (also z.B. Donnerstag morgens, kann auch Mittwoch abends sein): kurze knackige Einheit, z.B. 5km laufen mit mittelhoher Intensität, unmittelbar danach Carboloading beginnen, z.B. roter Traubensaft, Kuchen, etc. und natürlich innerhalb von 20 Minuten nach dem Training.

- 3-1 Tage vor W: Reis, Nudeln, Kartoffeln, aber auch Gemüse, Obst, Fisch, Fleisch, aber keine Riesenmengen. Hier sind KH jetzt wichtig.

- 1 Tag vor W: über Tag verteilt 1 Liter roter Traubensaft, abends nur moderate Menge essen. Extra Salz auf alle Speisen.

- 3h vor Start: Frühstück mit hellen Brötchen, keine Butter (Fett belastet den Magen), dafür z.B. Quark (0%Fett), Banane, Honig, Ingwer (stabilisiert den Magen, wichtig für die einseitige Süßpampe, die man später zu sich nehmen wird), etwas weißer Joghurt mit Chiliflocken, Kurkuma, Zimt (klingt gewagt, erhöht aber laut Dr. Feil die Antioxidantienaufladung, sprich später am Tag wird die Ermüdung in den Muskeln hinausgezögert.)

- 2h-10min vor Start: KEINE Kohlenhydrate, also keine Riegel, Gels, Isogetränke, Brötchen, ... nur Wasser! Jetzt KHs würde die Entleerung der KH-Speicher insgesamt beschleunigen.

- 10 min vor Start: ein paar Schlucke Isogetränk (kleine Banane oder so ginge auch)

- 0 min: Rock’n Roll !!!

Die letzten Tage vor dem Rennen war ich insgesamt … extrem aufgeregt? Konnte nicht recht schlafen? Im Gegenteil, ich war so was von tiefenentspannt, dass ich es selbst kaum glauben konnte. In 2009 war ich (als Zuschauer!) richtig nervös, aber jetzt – nichts! Manchmal wusste ich gar nicht genau, ob der Wettkampf diese oder erst die folgende Woche sein würde. Ich schlief super die Nächte 4,3 und 2 vor dem 4.7., lediglich von SA auf SO war dann, nachdem ich mich um 9:30 hingelegt hatte und um kurz nach 10 eingeschlafen war, so gegen 1:30 kein Schlaf mehr möglich. Ich döste aber bis kurz nach 3 Uhr weiter und stand auf, bevor der Wecker klingelte:

- Frühstück wie oben beschrieben. 3h vor Start ist wichtig, weil die Verdauung eben ihre Zeit braucht. Sonst steht man mit vollem Bauch am Start und das Blut schwappt im Magen rum anstatt in den Muskeln.

- Gemeinsame Fahrt im Taxi mit den Mitstreitern Harald und Christophe vom Fun-Ball nach Frankfurt an den Römer, von dort im offiziellen Sonderbus weiter an den See. Klappte letztlich alles gut, auch wenn wir dem Taxi erst noch hinterher telefonieren mussten.

- Ankunft am See um kurz nach 5 Uhr, 2005 war ich erst um 6 dort, war damals etwas knapp, diesmal reichlich Zeit nicht nur die Reifen aufzupumpen und alle sonstigen Sachen am Rad aufzubauen, sondern auch um mal nach den Profis zu schauen oder mit einigen Kollegen zu schnacken.

Mein Ziel: Einen tollen Sporttag erleben und Spaß haben!! Spaß bei 10+ Stunden Gesamtzeit? Jawohl, genau so ist es. Das Tempo, in dem man unterwegs ist, ist ja die meiste Zeit „Cruising“-geschwindigkeit, also zwar flottes Tempo, aber definitiv sehr deutlich unter „Vollgas“. Die „Härte“ kommt dann ggf. erst durch die Länge, denn nach 5,6,7 oder mehr Stunden wird es halt irgendwann mal zwangsweise etwas weniger locker. Aber dann kommt bestimmt schon der nächste Freund oder Bekannte an der Strecke, der einen anfeuert, und bei der Durchfahrt durch die Stimmungsnester wie Hochstadt oder dem Heartbreak Hill in Bad Vilbel kann man auch immer wieder Motivation nachtanken. Ein besonderer Höhepunkt natürlich meine Familie und die Nachbarn in Dortelweil, an denen ich zweimal vorbeiradeln werde. Und dann die tolle Laufstrecke am Main als Abschluss.

Konkreter Plan:

- Schwimmen: Ca. 1h, am liebsten natürlich 59 Minuten, wenn mit Neopren geschwommen wird, ohne Neo ca. 5min langsamer: Verhalten beginnen, Rhythmus finden, nach Möglichkeit geschickt den Sog hinter anderen Schwimmern ausnutzen.

- Rad: Locker starten, streng (sehr streng!) nach Pulswerten: unter 140 für die ersten ca. 90 Minuten und sehr solide verpflegen. Anschließend dann bis Puls 145, in jedem Fall ab Puls 150 etwas Druck rausnehmen, da die anaerobe Schwelle bei ca. 153 lauert. Diese NICHT überschreiten, auch nicht am Berg! Ansonsten Aero-Postion möglichst immer einhalten. Sollte auf eine Gesamtzeit von ca. 5h30-5h40 (32-33er Schnitt) hinauslaufen, zumal wir dieses Jahr 185 statt den eigentlich vorgesehenen 180 km fahren durften.

- Laufen: Unter 4h (=5:40er Schnitt). Die Trainingsleistungen mit langen GA-Läufen zuletzt mit Schnitt von 5:00 bis 5:10 und der Faustregel „IM-Marathon-Tempo = GA1-Tempo“ würde theoretisch auch 3h30 oder 3h40 zulassen, aber das scheint mir doch etwas gewagt. Das würde dann möglicherweise wirklich wehtun und „Spaß“ durch „Schmerzen“ ersetzen. Und ggf. „an der Wand“ enden, an die man dann bei km30 oder so knallt, wenn man sich vorher übernommen hat und wo dann nichts mehr geht. Außer dem Athleten selber. Wenn überhaupt.

Zum Schwimmstart um 7:00 gehe ich erst knappe 5 min vorher ins Wasser, eigentlich wollte ich irgendwie am Rand schwimmen, um mich aus irgendwelchem Gewühle heraushalten zu können, doch links am Start stehen sehr viele Kollegen im seichten Uferwasser, rechts am Ponton drängelt es sich auch, also bleibe ich in der Mitte und ziemlich weit vorne. Schnell noch einen High5 mit Tom aus Köln, der zufällig an derselben Stelle startet und mit dem ich schon vor 20 Jahren Handball gespielt habe. Und schon geht’s los, ich komme gut weg und bin nur wenig im Gedrängel, alle paar Minuten kommt mir jemand in die Quere (oder ich ihm?), aber alles eher harmlos. Nach der ersten großen Richtungsänderung nach ca. 900m ist es dann ganz entspannt, nach dem nächsten Ponton hätte ich sogar gerne ein paar mehr Leute um mich herum, schließlich schwimmt es sich hinter einer kleinen Gruppe, die vielleicht sogar einen Tick schneller ist man selbst, am allerbesten. Aber – kaum einer da … Insgesamt ist das Schwimmen sehr angenehm, ohne Neo fühlt sich das Wasser viel besser an als in dem engen Gummigefängnis, finde ich. Meinen Plan „59min“ habe ich von vornherein nicht verfolgt, ohne Neo hätte ich das eh nicht geschafft, und ob am Schluss 1:03 oder 1:05 dasteht ist mir dann auch egal. Die Zwischenzeiten an den Pontons sind beim Blick auf die Uhr Pi mal Daumen ok und am Ende habe ich 1:05:30, die letzte Gerade war dann doch etwas zäh und ich bin froh, aus dem Wasser raus zu dürfen. Der steile Anstieg durch den tiefen Sand hoch in die Wechselzone ist kein echter Spaß, ich gehe da zügig hoch statt zu rennen und nehme meinen Beutel vom Ständer. Im Wechselzelt creme ich noch mal Sonnencreme auf Schultern, Hals und Gesicht, etwas Sitzcreme an den Hintern und jogge jetzt zum Rad. Das steht ganz am anderen Ende in der Nähe des Ausgangs, das sind vom Schwimmausstieg schon so gute 200-300 Meter. Dort Helm auf, Brille, Startnummernband, Füße mit Wasser aus eigens bereitgestellter Flasche abspülen (den Sand brauche ich nicht den ganzen Tag zwischen den Zehen), Socken und Schuhe an und ab auf die Radstrecke.

Am Anfang tritt es sich noch etwas eirig, aber nach ca. 2km auf der Bundesstraße rollt es dann schon ganz gut und ich checke meinen Puls. Der ist mit 145 noch etwas zu hoch, also fahre ich betont locker weiter, was aber auch so für ca. 35km/h reicht auf flacher Strecke mit gutem Asphalt. Jetzt bloß nicht reinhauen, Rhythmus finden, Puls unter 140 halten, Kräfte sparen, Wasser trinken, nach ein paar km mit Nahrungsaufnahme anfangen. Dazu habe ich eine 750ml Flasche dabei, in der mein selbst gemischtes Konzentrat drin ist mit pro Stunde Renndauer 50g Maltodextrin, 25g Fructose, 20g Eiweiß, 1g Kochsalz. Mit Apfelsaft angerührt schmeckt es frisch und ganz angenehm. Die Fructose, die der Apfelsaft enthält (ca. 10gr pro 100ml) muss man entsprechend gegen die 25g Fruktose gegenrechnen. Dazu gibt’s noch Riegel. Die Konzentratflasche habe ich außen mit Strichen markiert, damit ich sehe, wie viel ich davon pro Stunde nehmen sollte. Ganz wichtig ist die entsprechende Menge Wasser dazu, denn die Konzentration der Nahrung darf nicht höher als 8% sein (also 80g KH auf 1000ml Wasser), da die Nährstoffe sonst nicht vom Darm ins Blut wandern können. Grundregel ist 1g KH pro Stunde pro kg Körpergewicht, dazu 1g Kochsalz pro Liter Flüssigkeitsaufnahme und gesamt ca. 750ml Flüssigkeit pro Stunde, was man natürlich der Witterung anpassen muss. Das Eiweiß ist wichtig, weil de Körper bei mangelnden KHs diese aus Eiweiß selber bilden kann und dazu ggf. Muskelmasse hernimmt, wenn kein Eiweiß verfügbar ist.

Die gesamten ersten 75 Minuten halte ich mich bewusst zurück, lege Wert auf sehr solide Verpflegung, die auch mit Riegeln ergänzt wird, die in mundgerechten Stückchen in der Oberrohrtasche liegen. Oben auf dem Hühnerberg habe ich einen 32er Schnitt, und der schnellere weil fast komplett flache nördliche Teil der Strecke liegt vor mir. Ich gehe mit der Pulsgrenze von 140 auf 145 und bleibe bei tendenziell hoher Trittfrequenz von 90-100. Ich habe Kettenblätter mit 38 und 50 Zähnen montiert, Ritzel hinten 12-25. Mit dem 53er Kettenblatt kam ich im Training nicht so gut zu recht auf dieser Strecke, also weg damit. Bis Bad Nauheim steigt der Schnitt auf 33, und für den Rückweg bis Bad Vilbel mit leichtem Rückenwind auf 34. Darüber freue ich mich genauso wie über den Riesenauflauf in Dortelweil bei der Vorbeifahrt an Familie, Nachbarn und Freunden, mit denen ich die Welle mache. Am Anfang vom Heartbreak Hill feuern mich Anja, Ralf und Thomas mit Kindern an, die Partymucke im Mittelteil kommt auch super, oben pushen mich Dirk und Rio. D.A.S M.A.C.H.T S.P.A.S.S !!! In Frankfurt am Eisernen Steg beginnt die zweite Runde, auf der mein Gesamtschnitt auf dem Tacho leicht fällt (Bad Nauheim 32,5 und Bad Vilbel 33,5). Da mein Tacho aber notorisch ein bisschen zu wenig anzeigt, weiß ich, dass ich trotzdem auf Kurs 34 bin. Die langen Geraden nach Frankfurt hin kann ich mit deutlich über 40km/h langbrettern, und überhole noch einige, bevor ich nach 5h23 in die Wechselzone rolle.

Dort lege ich einen kompletten Strip hin, ziehe mich komplett um und mache einen auf Sindballe: langärmeliges weißes Oberteil, knielange weiße Hose, weiße knielange Kompressionsstrümpfe, dazu eine weiße Kappe mit legionärsmäßigem Nackenschutz. Und Laufschuhe (nein, nicht weiß) sowie meinen Trinkgürtel. Da ist die selbe Suppe drin wie auf dem Rad, allerdings musste ich das am Vortag anrühren und im Laufbeutel beim Radcheckin abgeben, so dass ich mir ob der Genießbarkeit des Gebräus nach ca. 20 Stunden nicht so ganz sicher bin. Beim ersten Schluck bin ich auf alles gefasst und freudig überrascht, dass es frisch und angenehm schmeckt. Ich spüle mit Wasser nach (8% !!!) aus der 500ml Flasche, die ich den ganzen Lauf über in der Hand halte und immer wieder auffülle an den Verpflegungsstellen alle 1,5km. So trinke ich einfach mehr, als wenn ich nur an den Verpflegungsstellen 1-2 Becher Wasser nehme, von denen dann ja das meiste eh verschlabbert wird. So kann ich mich auf das Eis konzentrieren, das ebenfalls gereicht wird und schütte mir 1-2 Becher ins Trikot. Durch den Trinkgürtel und das Startnummernband kann das Eis nicht nach unten raus und schmilzt am Körper. Herrlich. Dann noch ein paar Schwämme über dem Kopf ausgedrückt, das Wasser ist wirklich eiskalt, super! Für einen kurzen Moment ist es fast zu kalt. Ein sehr kurzer Moment. Dann Sabina mit Joshua und Mara sowie meine Eltern: Sie jubeln mir zu und reichen aus der Kühlbox jedes Mal zwei Plastiktüten mit 6x4 Eiswürfeln (solche Tüten, in denen man Eiswürfel im Gefrierfach frieren kann. Und natürlich nur an der offiziell fürs Anreichen von Dritten freigegebenen Verpflegungsstelle. Genau.) Die stecke ich mir unters Trikot auf die Schultern, wo sie schön vor sich hin schmelzen. Gefühlte Temperatur auf der Laufstrecke bei mir damit wie „Landregen im März“ statt „30 Grad im Schatten und ich in der Sonne“. Ich denke, dass das der wichtigste Schlüssel zu meiner Laufergebnis am 4.7. war, und mit den erzielten 3h55min bin ich wirklich SEHR glücklich. Der erste Kilometer war mit 5:00 natürlich deutlich zu schnell, obwohl ich schon bewusst Tempo rausgenommen hatte. Die erste Runde pendelte sich dann bei 5:20 min/km ein, die zweite bei 5:30. Als ich Anfangs der dritten Runde kurz bei 6 min/km liege weiß ich, dass das jetzt aber wirklich zu langsam ist. Mein Trinkgürtel war eh leer und ich steige auf Cola um, trete mir mental noch mal saftig in den Hintern und weiter geht’s vorerst mit 5:40, wobei es nun bei km25 insgesamt schon etwas schwerer geht, das muss ich zugeben. „Die nächste Brücke kannst du dann aber ruhig mal hochGEHEN“ höre ich eine Stimme in mir. „Das machst du nicht, laufen, rennen, gehen, stehen, ist jetzt eh alles gleich unangenehm, die Beine tun jetzt halt weh, da kannste auch gleich weiterLAUFEN“ antwortet eine andere. „Ist doch nur eine Brücke, kaum 100m der Anstieg, gönn dir doch ne kleine Pause …“. „Bist du verrückt, läufst 32er im Training im 5er Schnitt und willst jetzt bei km25 und Tempo 5:40 gehen???“ Dass die dritte Runde die schwerste ist hatten auch einige Kollegen in den letzten Jahren berichtet. Ich reiße mich zusammen und LAUFE die verdammte Flößerbrücke hoch, wenn auch das Tempo an der Stelle wohl etwa „Oma mit Rollator“ entsprach. Danach beginnt es wieder besser zu rollen, die dritte Runde ist geschafft und auf der vierten kann ich das Ziel nun schon deutlich riechen. Außerdem ist es ja jetzt schon das letzte Mal, dass ich an den einzelnen Punkten vorbeikomme, jetzt flutscht es wieder besser, also mehr oder weniger locker weiter mit 5:40 min/km. Ich bleibe bei Cola, Wasser und Eiskühlung. Andrea und Andreas sind nicht mehr da, sie hatten mir die ersten 3 Runden „Daumen hoch“ gegeben, aber den Rest schaffe ich auch so. Auch an ThomasB, Doro, Rüdiger, Katja und Jochen vielen Dank für den klasse Support! Die letzte Flößerbrücke 2km vor dem Ziel ist ein Fest, ob es wohl Leute gibt, die jemals ernsthaft dran denken da nicht zu laufen, ist doch potteben das Ding, ich jedenfalls nicht, so viel ist klar.

Am Zielkanal stehen meine Eltern, meine Tochter Mara sogar im Zielkanal. Sie strahlt und läuft mit mir ins Ziel. Mann ist das schön! 10:36 leuchtet über dem Zieltor. Ich reiße die Arme hoch. Ich bin sprachlos. Schade dass es schon vorbei ist. Toll diese Zeit! „Geht’s Ihnen gut, brauchen Sie Hilfe?“ Wann mache ich das nächste Mal mit? „Papa, warum bist du so geschwitzt?“ Was soll ich jetzt eigentlich machen? „Ihre Finisher-Medaille.“ Wer kommt nach mir ins Ziel? Mann sind das viele Leute auf den Tribünen. „Kommen Sie, ich bringe sie in den AthletesGarden“…. Ich sammele mich und werde vom Ziel weg in den Athletenbereich geführt. „Wie geht’s Ihnen, wollen Sie ein Bad im Eiskübel?“ Nein danke, meine Kühlung unterwegs war perfekt, ich will auch keine Massage oder Infusion oder sonst was, ich will nur Urkunde, Finisher-Shirt und meine Klamotten einsammeln, trinke im Vorbeigehen ein bleifreies Bier, schnell noch ohne zu duschen umgezogen und raus zu meiner Familie. Die sind froh, mich zu sehen und dass es mir offensichtlich gut geht. Sie sind etwas müde, war ein heißer Tag an der Strecke. Wir gehen zum Abholen der Beutel aus den Wechselzonen und des Rades, was beides problemlos und zügig klappt. Dabei treffe ich Harald auf der Laufstrecke, die direkt am Radpark vorbeiführt. Er hat die 4. Runde noch vor sich. Ich wünsche ihm noch mal Glück für die läppischen 10,5 fehlenden Kilometer, 216 hat er ja schon in der Tasche. Dann ab zur S-Bahn und mit meiner Familie nach Hause.

Bilanz

Wettkampf:

  • Gesamt: 10:36 (Platz 398 gesamt Männer, 93 in meiner AK)

  • Schwimmen 1:05 (324 / 55 AK)

  • Rad: 5:23 (523 / 120 AK)

  • Lauf: 3:55 (481 / 113 AK)

  • Wechsel: 7 und 5 Minuten

Insbesondere mit dem Marathon bin ich sehr zufrieden. Hier war die Kühlung der Erfolgsfaktor. Rad ebenfalls sehr zufrieden, gut aufgegangen ist der langsame Beginn mit Schwerpunkt Verpflegung um die Reserven zu schonen. Schwimmen war locker und hat Spaß gemacht. Der Zieleinlauf zusammen mit meiner Tochter war der perfekte Abschluss!

Wichtigste Trainingseinheiten:

  • Rad: 7 x 5h oder länger, je einmal 140, 150 und 160km, 4x120-130km, dazu 5x zwischen 100 und 120, 5x zwischen 80 und 100km. Wichtig auch der erste 100er schon Ende März (RTF Niedererlenbach).

  • Lauf: 6 x ca. 2,5h, was je 1x 26 und 27km ergab, sowie 2 x 29 und 2 x 31km (Mitte März bis Anfang Juni)

  • Schwimmen: Bis April oft 3x wöchentlich, danach nurmehr ca. 2 mal, insgesamt sehr technikorientiert. Mehr als 3km erst ab Mai.

Verbesserungpotential fürs nächste Mal:

  • Verhältnis Aufwand zu Ertrag beim Schwimmen war nicht optimal, viel Aufwand für mittelmäßigen Ertrag.

  • Schwimmleistung unabhängig von der Streckenlänge auf der zweiten Hälfte immer deutlich schwächer als am Anfang: => Wie besser Trainieren?

  • Trainingszeit Schwimmen besser in Krafttraining Beine (=> Rad) investieren?

  • Wechselzeiten mit 7 und 5 Minuten sehr mäßig, allerdings in T2 komplett umgezogen inklusive Kompressionssocken und in der T1 mit Sitzcreme und Sonnencreme, Abspülen des Sandes an den Füßen etc. ...

Und ein nächstes Mal wird’s geben, da bin ich mir ziemlich sicher!



 

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