Projekt Alpentriathlon Schliersee

Ein paar Klicks und schon war die Bewerbung für den Forerunner 310xt auf der Garmin-Homepage abgeschickt. Ok, im Falle eines Gewinnes muss man auch an dem Alpentriathlon in Schliersee teilnehmen, aber wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen?

Das Unerwartete tritt dann doch ein und ich habe einen von 5 Startplätzen gewonnen. Hätte ich doch mal im Lotto so ein Glück…

Nach dem Quellentriathlon in Bad Vilbel Ende Mai beginne ich mich mit dem Wettkampf und der Vorbereitung zu beschäftigen. 1.500 Meter schwimmen, das schaff ich schon, 40 Kilometer Radfahren sollten auch kein Problem darstellen und die 10 Kilometer Laufen am Ende, das macht den Bock auch nicht mehr fett. So dachte ich zumindest. Was ich übersehen hatte: insgesamt warten auf der Strecke 1.039 Höhenmeter. Rund 850 davon allein beim Radfahren und als Schmankerl ein Anstieg mit durchschnittlich 12 % über 3,5 Kilometer kurz vor der letzten Wechselzone.

Höhenprofil der Radstrecke

Profil der Laufstrecke

Egal, bis zum Rennen ist ja noch Zeit. Laufschuhe und Rennrad sind vorhanden, dann konnte es ja losgehen.

Noch 110 Tage

Anfang Juni bin ich dann frei Schnauze ins Training eingestiegen und habe mit leichten Läufen angefangen. Im wöchentlichen Schwimmtraining stellt sich heraus, dass Rio auch am Schliersee starten wird. Somit bietet sich an, zumindest ein paar gemeinsame Ausfahrten zu unternehmen. Da die Temperaturen im Juni schon sehr hoch sind, werden die Trainingsläufe gleich etwas anstrengender. Dafür sind die Ausfahrten in den frühen Sonntagmorgenstunden noch recht angenehm.

Mitte Juni komme ich dann in den Genuss des ersten Highlights meines Gewinns. Eine professionelle Leistungsdiagnostik mit einem individuellen Trainingsplan. Leider findet die Diagnostik nicht hier um die Ecke, sondern in Stuttgart statt. Aber was tut man nicht alles! Nach Lungenfunktionstest und Körperfettmessung (hier liegt die „Norm bei 15 – 19 %, die ich dann doch etwas mehr als knapp überschreite) bekomme ich eine Atemmaske verpasst und gehe aufs Laufband. Hier wird mein Fitnesszustand anhand des CO2-Anteils in der Atemluft bestimmt. Ein paar Tage später flattert der erste Teil des Trainingsplanes ins Haus. Ab sofort wird nach Vorgaben trainiert.

Beim Radfahren treten immer wieder Schmerzen im Knie auf, die sich später als eine Blockade im Fibulaköpfchen und eines verhärteten Sehnenbaums im Oberschenkel herausstellen sollten.

Noch 80 Tage

Der Juli steht voll im Zeichen der Fußballweltmeisterschaft. Das ein oder andere Training ist dank des deutschen Erfolges etwas kürzer oder ganz ausgefallen. Das Highlight im Juli war zweifelsohne das Trainingswochenende im Odenwald mit Ironman-Vizeeuropameister Timo Bracht. Diese fand eine Woche nach dem Ironman in Frankfurt statt und während es für Timo nur ein paar lockere Einheiten waren, musste ich ganz schön an die Grenze gehen.

Nach der Anfahrt nach Erbach gings gleich zur Sache. Ohne große Umwege ging es an den Neckar zum Schwimmen. Der Fluss hat dank der hochsommerlichen Temperaturen mit 24° C schon fast was von einer Badewanne. Für mich ist es das erste Mal in einem Freiwasser (von urlaubsbedingten Geplansche im Meer mal abgesehen). Dementsprechend schwer fällt mir die Orientierung. Statt schnurgerade schwimme ich kreuz und quer und mache so auch gleich noch ein paar Bonusmeter.

Im Anschluss an das Schwimmen geht’s direkt weiter zum Laufen. Zwischenzeitlich ist es Mittagszeit und die Sonne brennt bei 38° C im Schatten vom wolkenlosen Himmel. Mit Schatten ist es also nicht soweit her. Entsprechend anstrengend und schweißtreibend wird der Lauf. Im Anschluss können wir uns etwas stärken und absolvieren noch gemeinsam ein Stabilisations- und Strechingeinheit. Abends gab es dann noch einen lockeren Plausch mit Timo bei gekühlten, isothonisch wertvollen Getränken. 

Gestärkt durch ein leckeres Frühstück am Sonntag geht’s auf eine Radrunde durch den nahen Odenwald. Hier bekomme ich das erste Mal einen Hauch von dem zu spüren, was mich an Höhenmeter am Schliersee erwarten wird. Auf den 54 Kilometern verteilen sich mit 835 Höhenmeter in etwa die gleichen Zahlen wie sie am Ende der Radstrecke am Spitzingsattel in meinen Beinen sein werden.

Da meine Schmerzen im Knie noch nicht wirklich besser geworden sind, bekomme ich eine Woche Sportverbot und Physiotherapie auferlegt.

Nach dem Laufen

Erfischung nach der Radtour

Noch 49 Tage

Der August lässt sich mit der Überschrift „Erfahrung sammeln“ gut umschreiben. Außer dem Quellentriathlon im Mai habe ich noch keinen weiteren Triathlon bestritten. Das soll sich nun ändern. Mit dem Volkstriathlon in Maibach und dem ersten Wettkampf über die olympische Distanz in Rodgau stehen gleich 2 an. Maibach soll ja schon Kultcharakter haben. Am Wettkampftag ist es nass und kalt. Wetter das man im April oder Ende Oktober erwartet aber nicht mitten im August! Der Funballtross (Karsten, Ralf, Alexander und ich) gehen trotz der widrigen Bedingungen an den Start. Nur die harten kommen in den Garten. Wer trocken bleiben will, muss sich nen Hallensport suchen.

Nur eine Woche später geht’s als Ersatzmann nach Rodgau. Diesmal ist das Wetter der Jahreszeit entsprechend warm und gut. Auch hier bilde ich das Schlusslicht der Funballriege (Rio, Joe, Ralf und Dirk). Insgesamt war es mal interessant einen Wettkampf über die mich zu erwartende Distanz zu machen.

Zu guter Letzt wird der August noch von einem zweiten Trainingswochenende am Schliersee abgerundet. Hier lerne ich die einzelnen Wettkampfstrecken kennen. Da es mir nicht zu langweilig wird, begleitet mich Alexander mit nach „Nordösterreich“. Vor Ort angekommen, entpuppt sich das Wetter als miserabel. Ähnlich schlecht wie schon in Maibach, nur noch etwas kälter. Die Trainingsgruppe wird diesmal vom „Localguide“ und ebenfalls fürs Team Garmin&friends startenden Olympiamedalliengewinner Peter Schlickenrieder (Silber über die 1.500 Meter Langlauf). Geschwommen sind wir im warmen Schliersee. Der See hatte 18° C während die Lufttemperaturen bei 14°C lagen.

Ich „dümpel“ in der Mitte

Als Gentelman nach den Damen aus dem Wasser

Nach dem Schwimmen ging es dann hoch über den Spitzingsattel zum Spitzingsee an die Laufstrecke. Dort angekommen wurden wir mit einem erfrischenden Wolkenbruch empfangen. Dank des schlechten Wetters schenken wir uns die 2. Runde um den See und schwenken gleich in eine nette Berghütte.

Am Sonntag scheint anfangs die Sonne als wir uns auf die Radstrecke begeben, was sich aber schon bald wieder ändern wird. Während die ersten rund 22 Kilometer sehr wellig gespickt mit ein paar fiesen Anstiegen sind (steilstes Stück sind 600 Meter mit 19 % Steigung), verläuft der Rest der Runde eher flach. Fast; von den letzten 5 Kilometer gehen 3,5 Kilometer die Spitzingstraße mit den Anfangs erwähnten 12 % im Durchschnitt nach oben. Und das im kalten Regen… was nicht tötet macht hart. Nach dem Wochenende müsste ich eigentlich aus Granit oder Titan bestehen. Nach dem Wochenende kann ich Lothar Leder verstehen, dem bei einer Streckenbesichtigung vor seinem Rennen hier nur ein „Ich bin total geschockt“ zu entlocken war.

Vilbels Antwort auf die Gebrüder Grimm, die Lenzebuben

Geschafft aber glücklich

Noch 18 Tage

Langsam aber sicher steigt die Vorfreude auf den großen Tag. Noch ein paar Trainingseinheiten und es ist soweit. Zur Einstimmung gibt’s noch einen Wettkampf in Windecken bei schönstem Sommerwetter. So könnte es eine Woche später gerne auch sein…

Raceday

Kurz vor dem Start ist die Welt noch in Ordnung

Es ist soweit, die ganze Schinderei der letzten Wochen sind vergessen. Heute zählt es. Bereits einen Tag vorher bin ich von meiner Frau Ayfer begleitet die 450 Kilometer aus Bad Vilbel angereist. Beim Blick auf die Startgruppeneinteilung die erste Überraschung. Bad Vilbel liegt nicht mehr in der Wetterau sondern im Landkreis Miesbach in Oberbayern! Aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Grund wurde ich in die Landkreisgruppe eingeteilt. Das hat für mich den Vorteil 7 Minuten mehr Zeit auf die Limits zu haben.

Rio ist auch schon hier und gemeinsam richten wir unsere Wechselzonen am See ein. Dann noch die Laufbeutel und die Beutel mit der Kleidung für nach dem Rennen abgegeben und dann geht es auch schon los.

Funball in Bayern..

Die Wetterprognose für heute ist auch positiv. Im Zeitfenster des Wettkampfes gibt es nur eine Regenwahrscheinlichkeit von 15 %. Pünktlich um 11.44 Uhr erfolgt für meine Startgruppe der Startschuss. Angefeuert von Ayfer und Rio, der 2 Startgruppen später auf die Reise geht, stürzte ich mich in die offiziell 14,7° C kalten Fluten des Schliersees.

Wie unschwer zu erkennen, ich bin der mit der grünen Badekappe…

Dank des Neos und aufgepumpt mit Adrenalin spüre ich das kalte Wasser nach ein paar Zügen nicht mehr. Einigermaßen gleichmäßig versuche ich den Dreieckskurs zu durchschwimmen. Nach 36,21 Minuten geht’s aus dem Wasser. Mit der Zeit liege ich momentan etwas hinter meinem Zeitplan. Angepeilt war eine Zeit von 35 Minuten. Nachdem ich mich aus dem Neo gepult habe, geht aufs Rad. Die ersten 5 Kilometer sind recht flach und sogar leicht abschüssig. Dann geht’s aber auch schon Rund. Ab jetzt kommen immer wieder die bereits erwähnten kurzen, knackigen Anstiege. Bei Kilometer 32 werde ich dann von Rio kassiert. Hatte ich nach dem Schwimmen mir noch einen kleinen Vorsprung auf ihn rausgearbeitet, so ist dieser inzwischen im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke geblieben. Die Auffahrt wird dann die erwartete Tortour. Die Oberschenkel brennen, die Lunge pfeift und vor lauter Anstrengung kann ich nicht mal mehr über die Steigung lauthals schimpfen. Dafür kommt an ein paar Stellen so was wie Tour de France-Feeling auf, wenn einen die Zuschauer an der Strecke den Berg hoch brüllen. Oben in Spitzingsee angekommen ist auch Ayfer wieder da und feuert mich kräftig an der Wechselzone an. Schnell noch ein Gel vom Sponsor geschluckt und weiter geht’s.

 

„Flying Rio“ Die Kappe sitzt.

Böser Fehler! Bislang hatte ich immer nur Gels von „PowerBar“ genommen. Jetzt vor dem Laufen hab ich ein Gel eines anderen Herstellers genommen, für das man kein Wasser mehr nach trinken muss. Die ersten 4 Kilometer läuft noch alles nach Plan. Die Kilometerzeiten sind im grünen Bereich und es läuft alles auf eine Zeit von unter 4 Stunden raus. Dann schlägt das Schicksal aber unerbittlich zu. Ich bekomme Magenkrämpfe und an ein zügiges Laufen oder gar schnelles Joggen ist nicht mehr zu denken. Allenfalls gehen ist noch drin. Gedanken wie Aufgeben und ein DNF kassieren gehen mir durch den Kopf. Soll die ganze Quälerei heute und in den letzten Monaten für die Katz gewesen sein? Auf der Hälfte der ersten Seerunde kommt nochmal Rio an mir vorbei. Nein, aufgeben ist nicht. Jammern kann ich hinterher immer noch! Nach 2 Kilometern gehen lassen die Krämpfe dann wieder nach und ich kann mein Tempo wieder aufnehmen. Die Sub 4 Zeit ist natürlich dahin. Aber es ich beende das Rennen und werde im Ziel mit dem obligatorischen Kaiserschmarrn empfangen.

Rio ist bereits eine Viertelstunde vor mir im Ziel und gemeinsam lassen wir das Rennen nochmals Revue passieren. Wenn man so spät ins Ziel kommt hat das auch seine Vorteile. Am Stand des örtlichen Physiotherapeuten ist fast nichts mehr los. Bis ich meinen Kaiserschmarrn gegessen habe komme ich auch schon zur Massage dran. Eine Wohltat.

Geschafft und stolz drauf

Am Ende habe ich 4 Stunden 6 Minuten und 54 Sekunden gebraucht. Die Splittzeiten waren 36,21 Minuten schwimmen, 5 Minuten T1, 2 Stunden 5 Minuten Radfahren, 2,43 Minuten T2 und 1 Stunde 14,49 Minuten fürs Laufen. Rio war natürlich deutlich schneller und hat die Strecke in 3 Stunden 23 Minuten und 41 Sekunden (38,53 Min. 1 Stunde 50,13 Minuten inkl. der beiden Wechsel und 54,34 Minuten) absolviert.

Auch wenn ich mein heimliches Ziel von einer Zeit unter 4 Stunden nicht geschafft habe, bin ich doch froh und stolz diesen Wettkampf durch gestanden zu haben. Jetzt darf ich mich als echter Triathlet fühlen. Denn der 3x deutsche Meister und heutige Bundestrainer Roland Knoll sagte einmal

Wer nie am Schliersee gestartet ist, ist kein Triathlet.“

Für mich steht eigentlich schon fest, im nächsten Jahr bin ich wieder hier.

 
 

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